Doktorand/innen
Liste der aktuellen Doktorand/innen
Christina Alexiou
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.10.2018
Missionsbriefe aus Konstantinopel - Frühneuzeitliche Missionsbestrebungen zwischen Akkommodation und Konversion
Marlon Bäumer
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.04.2019
Die Reformation in den Lüneburger Frauenklöstern
Gabriele Bellinzona
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.04.2020
Die dänisch-englisch-hallesche Mission in Tranquebar und ihre Beziehung zum Katholizismus und den anderen christlichen Konfessionen
Marie Cezanne
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.04.2020
Intertextualität und Bußtheologie in den Waldenserhandschriften des frühen 16. Jahrhundert
Daniel Haas
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.04.2021
Institutum Judaicum et Muhammedicum und "orientalische Christenheit": Die Verflechtungen des Halleschen Pietismus mit dem Östlichen Christentum im 18. Jahrhundert
Amalie Hänsch
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.05.2021
Autorenbildnisse Martin Luthers. Strategien interkonfessioneller Inszenierung zwischen Legitimation und De-Legitimation
Andrea Herold-Sievert
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.10.2018
Protestantische Begegnungen und religiöser Pluralismus: Hallesche Pastoren in der atlantischen Welt des 18. Jahrhunderts
Martin Kindermann
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.04.2021
Spiegel-Reflexion(en) im interkonfessionellen Spannungsfeld des 16. und 17. Jahrhunderts
Avi Liberman
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.04.2021
"Il magnanimo cor e invitto io canto di colomba fedel che corse a morte". Vita dei santi nel poema epico cinque e seicentesco
Judith Lipperheide
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.04.2019
Institutionalisierte Exerzitienpraxis als Breitenseelsorge zwischen 1660 und 1760: Die Maisons de retraite der Jesuiten in Frankreich
Leonid Malec
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.04.2020
Überkonfessionelle und konfessionsspezifische Aneignungen von Uhr und Uhrzeit in der Frömmigkeit des 16. bis 18. Jahrhunderts
Oliver Plate
Kollegiat im GRK 2008 seit 1.10.2021
Der Giro della Germania: Reisen italienischer Adliger durch das Alte Reich
Anna Sebastian
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.10.2018
"Christiana Philosophia" – Konzeptionen von Irenik und Interkonfessionalität in der von Andreas Gryphius übersetzten Erbauungsliteratur
Elena Tolstichin
Kollegiatin im GRK 2008 seit 1.07.2022
Religiöse Bild- und Kunsttheorie in den Druckgraphiken von Hendrick Goltzius
Christina Alexiou
Kollegiatin seit 1.10.2018
Missionsbriefe aus Konstantinopel - Frühneuzeitliche Missionsbestrebungen zwischen Akkommodation und Konversion
Die Sendung von Missionaren über das Mittelmeer nach Konstantinopel stellte ein wichtiges Instrument in der Ausweitung der europäischen Einflusssphären innerhalb des Osmanischen Reiches dar. Der Fokus der missionarischen Erschließung lag nicht bei der einheimischen muslimischen Mehrheit, sondern bei der Bekehrung der christlichen Minderheiten des Orients. Besonders die orthodoxen Griechen in Konstantinopel und auf dem Griechischen Archipel sollten durch interkonfessionellen Dialog und Akkulturation in die abendländlichen Konfessionskirchen eingegliedert werden. Neben der apostolischen Arbeit der Kapuziner und Franziskaner erlebte die missionarische Expansion seit dem späten 16. Jahrhundert insbesonders durch das Aufkommen und Wirken der Societas Jesu ihre Hochzeit. Doch nicht nur die Papstkirche bemühte sich um einen kulturellen und religiösen Austausch mit den orthodoxen Untertanen des Sultans: Die ersten Annäherungsversuche zwischen Lutheranern und Orthodoxen fanden bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts statt. Die starke Verflechtung der überseeischen Missionspolitik im gesamteuropäischen Kontext lässt sich wiederrum besonders an der katholischen Gegenreaktion auf die Annäherungsversuche zwischen den reformatorischen und orthodoxen Geistlichen und Intellektuellen veranschaulichen.
Um die politischen und religiösen Verflechtungen zu analysieren, gründet diese Arbeit auf eine Vielzahl von missionarischen und diplomatischen Korrespondenzen zwischen den Entsandten im Osmanischen Reich und den verantwortlichen religiösen und monarchischen Instanzen in Europa. Die Untersuchung der Missionsbriefe soll außerdem den apostolischen Anspruch und die Eigenwahrnehmung der Missionare in Kontrast zu ihrer Fremdwahrnehmung stellen, um deren Partizipation, zwischen individuellem Missionsehrgeiz und interkonfessionellen Auseinandersetzungen, in den verschiedenen kulturellen und religiösen Spannungsverhältnissen des frühneuzeitlichen Christentums zu beleuchten.
Mit Blick auf das Forschungsanliegen des Graduiertenkollegs setzt sich das Promotionsprojekt besonders mit der Erforschung der Konstellationen und Phänomene auseinander, welche die Dynamiken der Interaktion zwischen den katholischen Missionaren zum einen, den reformatorischen Theologen zum anderen und letztlich der griechisch-orthodoxen Bevölkerung im kleinasiatischen Raum dokumentieren, um die Vielschichtigkeit der frühneuzeitlichen Religionskultur unter den Christen im Osmanischen Reich zu nuancieren und zu vervollständigen. Inwiefern entgegneten sich die verschiedenen Konfessionskirchen untereinander mit Duldung, Anpassung oder Ablehnung?
Marlon Bäumer
Kollegiat seit 1.4.2019
Die Reformation in den Lüneburger Frauenklöstern
Sowohl in den katholischen als auch in den protestantischen Regionen Europas kam es im 16. und 17. Jahrhundert zu einer Vielzahl von Klosterauflösungen. Besonders im norddeutschen Raum aber blieben Frauenklöster und -stifte in protestantischen Gebieten nach einem Konfessionswechsel bei weitgehender Beibehaltung der alten Lebensweise bestehen. Dies trifft auch auf die sechs Frauenklöster des welfischen Fürstentums Lüneburg – Wienhausen, Walsrode, Ebstorf, Lüne, Isenhagen und Medingen – zu, die noch heute existieren.
Infolge seiner reformatorischen Bestrebungen forderte Herzog Ernst I. (1521-1546) seit 1528 auch intensiver von den Frauenklöstern seines Herrschaftsgebietes, sich zur lutherischen Lehre zu bekennen. Die neue Lehre sowie das herzogliche Vorgehen stießen jedoch auf harten Widerstand bei den Nonnen. Vor diesem Hintergrund gestaltete sich die Reformation als ein unterschiedlich langwieriger Wandel, wodurch es zu einem zeitweiligen Zusammenleben altgläubiger und lutherischer Nonnen bzw. Konventualinnen kam. So kann in Isenhagen die Reformation bereits 1540/41, in Wienhausen erst 1587 als formal anerkannt gelten. Das Festhalten an vorreformatorischen Traditionen und Zeremonien in den Konventen lässt sich aber noch bis weit in das 17. Jahrhundert verfolgen.
Hier soll das Dissertationsprojekt ansetzen und den Prozess der Reformation in den Klöstern mit seinen trans- und interkonfessionellen Implikationen untersuchen. Im Fokus steht dabei eine Analyse des Umgangs der Nonnen mit den reformatorischen Bestrebungen und der langfristigen Entwicklungen des Klosterlebens. Unter welchen Bedingungen fand der Konfessionswandel statt? Welche alltäglichen und religiösen Lebensformen blieben bestehen, welche wurden angepasst? Welche Auswirkungen auf das (konfessionelle) Selbstverständnis und die Identität der Klosterbewohnerinnen können anhand der Quellen festgemacht werden und wie wurden diese Selbstbilder von außen wahrgenommen? Die Klöster sollen hierbei nicht bloß als historisch, institutionell oder architektonisch bedingte, sondern als gesellschaftlich und kulturell konstruierte und (immer wieder neu) verhandelte Räume verstanden und untersucht werden.
E-Mail: marlon.baeumer"AT"uni-hamburg.de
Tel: (040) 42838 - 9566
Gabriele Bellinzona
Kollegiat seit 1.4.2020
Die dänisch-englisch-hallesche Mission in Tranquebar und ihre Beziehung zum Katholizismus und den anderen christlichen Konfessionen
Im heutigen indischen Bundesstaat Tamil Nadu begann die erste lutherische Mission auf dem Indischen Subkontinent. Protektor der protestantischen Mission in Indien war der dänische König Friedrich IV. (1671-1730), der einen kleinen Handelsplatz in Tranquebar besaß. 1705 wurde die Leitung der Mission den Pietisten in Halle übertragen. Die ersten Missionare, Bartholomäus Ziegenbalg (1682-1719) und Heinrich Plütschau (1676-1752), trafen 1706 in Indien ein. Durch seinen missionarischen Eifer prägte Ziegenbalg maßgeblich die Mission und war der erste Übersetzer der Bibel ins Tamil. Seit 1726 begann die Zusammenarbeit zwischen der dänisch-halleschen Mission und der englischen Society of Promoting the Christian Knowledge (SPCK) in London, als sich der deutsche Missionar Benjamin Schultze (1689-1760) in Madras niederließ.
Neben den ersten evangelischen Tamilen zählte die dortige Gemeinde viele katholische Gläubige. Als die erste lutherische Gemeinde Indiens gegründet wurde, waren Jesuiten und andere katholische Geistliche schon seit Langem unter den “Heyden” der Koromandelküste tätig. Neben den Katholiken gab es noch weitere Christen in Tamil Nadu. Es existierten Gemeinden von Armeniern, die sich vom 16. bis 19. Jahrhundert in ganz Asien und Indien ansiedelten und kleine Kolonien an allen wichtigen Handelsplätzen bildeten. Darüber hinaus traten die Missionare aus Halle in Kontakt mit den sogenannten Thomaschristen, eine alte Form des spätantiken Christentums repräsentierten, dessen Wurzeln angeblich auf die Tätigkeit des Apostels Thomas zurückgehen.
Das Projekt untersucht die interkonfessionelle Beziehung der lutherischen-pietistische Mission in Tranquebar und in anderen Missionsstationen zu den anderen christlichen Konfessionen, die in den 18. und 19. Jahrhunderten ebenfalls in Südindien aktiv waren, d.h. zur römisch-katholischen Kirche, zur armenischen apostolischen Kirche und zu den Thomaschristen. Die frühesten dokumentierten Hinweise auf wechselseitige Beziehungen von Protestanten und anderen Christen finden sich in Ziegenbalgs Briefen. Von weitreichender Bedeutung für dieses Thema sind auch die Berichte aus der Tranquebarmission, die in den Halleschen Berichten (1710-1772), der ersten protestantischen Missionszeitschrift, und in den Neuen Halleschen Berichten (1776-1848) veröffentlicht wurden. Die Halleschen Berichte umfassen aufschlussreiche Informationen über Kirchen anderer Konfessionen und Traditionen. Daneben zählen die Briefe und internen Dokumente der verschiedenen Orden angehörenden katholischen Missionare zu den Kernbeständen an Quellen, mit denen sich das Projekt befassen wird.
E-Mail: gabriele.carlo.bellinzona"AT"uni-hamburg.de
Tel: (040) 42838 - 9738
Marie Cezanne
Kollegiatin seit 1.4.2020
Intertextualität und Bußtheologie in den Waldenserhandschriften des frühen 16. Jahrhunderts
Die Differenzen der Waldenser zur mittelalterlichen Kirche, aber auch zu anderen Bewegungen wie den Katharern, die als häretisch galten, bewirkten eine umfangreiche literarische Aktivität, die vor allem in Form von Handschriften überliefert ist. Dabei orientierten sich die Waldenser u. a. an der im Mittelalter verbreiteten Erbauungsliteratur, gestalteten ihre eigenen Texte zu Tugend und Laster und verfassten dogmatische und katechetische Traktate, Predigten und Gedichte. Zahlreiche Texte der Waldenser basieren auf Vorlagen. Es finden sich Zitate aus der Bibel, aus den Schriften der Kirchenväter sowie scholastischer Theologen und aus mittelalterlichen Predigtsammlungen oder Traktaten, die z. T. auch hussitische Einflüsse dokumentieren. Die Waldenser griffen somit recht stark auf das Reservoir einer im westlichen Christentum gemeinsamen Tradition zurück. Die Rezeption dieses Reservoirs vollzieht sich in unterschiedlicher Weise: durch Adaptation und Transformation bzw. durch das Verschweigen bestimmter Aspekte. Die waldensischen Texte beinhalten Anspielungen auf die historischen Kontexte, in denen sie entstanden, und sie setzen sich mit der theologischen Literatur und Tradition auseinander.
Die überlieferten Handschriften stammen aus dem späten 15. und den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts und sind größtenteils in okzitanischer Sprache verfasst. Vermutlich handelt es sich um Kopien und Neubearbeitungen von verloren gegangenen Originalen, die im Gebiet der Cottischen Alpen im Umlauf waren. Auf der Synode von Chanforan 1532 beschlossen die Waldenser, sich der Reformation anzuschließen. Die Handschriften entstanden also in der Zeit, in der die Waldenser vor der Frage standen, ob und inwieweit sie sich mit der reformatorischen Bewegung identifizieren sollten. Hierbei wurde ihnen zur Vergewisserung ihrer Identität die im Laufe des Mittelalters und am Übergang zur Neuzeit niedergeschriebene eigene Literatur wichtig.
Das Projekt wird die Schriftkultur der Waldenser im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert untersuchen und rekonstruieren. Besonderes Augenmerk gilt der theologischen Auseinandersetzung und dem Umgang der Waldenser mit den in den betreffenden Quellen verarbeiteten Traditionslinien und ihrem Gedankengut am Beispiel eines zentralen Themas der Zeit, der Buße. Hierbei werden sowohl die literarischen Zeugnisse der Waldenser als auch diejenigen ihrer Kontrahenten, v. a. Inquisitionsakten analysiert.
E-Mail: marie.cezanne"AT"uni-hamburg.de
Tel: (040) 42838 - 9899
Daniel Haas
Kollegiat seit 1.4.2021
Institutum Judaicum et Muhammedicum und "orientalische Christenheit": Die Verflechtungen des Halleschen Pietismus mit dem Östlichen Christentum im 18. Jahrhundert
Im Jahr 1746 wandte sich das hallesche Institutum Judaicum et Muhammedicum einer neuen Zielgruppe zu, die in den Quellen u.a. „orientalische Christenheit“ genannt wird. Darunter ist die Gesamtheit der Ostkirchen unterschiedlicher Traditionen und ihrer Angehörigen zu verstehen (östlich-orthodoxe Kirchen, orientalisch-orthodoxe Kirchen, Assyrische Kirche des Ostens, katholische Ostkirchen). Seit der Gründung der Einrichtung im Jahr 1728 hatten sich der Direktor Johann Heinrich Callenberg (1694–1760) und seine Mitarbeiter zunächst auf die sog. Juden-, daneben auch auf die sog. Muhammedanermission fokussiert. Für die neue Zielgruppe wurde die bestehende Druckerei des Instituts um ein neugriechisches Verlagsprogramm erweitert. Zur Distribution der in Halle produzierten Missionsbüchlein unternahmen Mitarbeiter Reisen in Siedlungsgebiete „orientalischer Christen“ im südöstlichen Mitteleuropa und Osmanischen Reich. Außerdem war das Institut an der Betreuung orthodoxer Schüler und Studenten beteiligt, die sich um 1750 an den Schulen des Waisenhauses und der Universität in Halle aufhielten. Finanziert und ideell gefördert wurde die Arbeit durch einen internationales Unterstützernetzwerk.
Ausgehend von einer erstmaligen umfassenden Aufarbeitung dieses Arbeitsfeldes des Instituts sollen die inter- und transkonfessionellen Dynamiken von Halleschem Pietismus und „orientalischer Christenheit“ neu betrachtet werden. Das Institut dient hier als Fenster zu weitläufigeren Entwicklungen im Halleschen Pietismus. Dabei wird ein Bogen von den bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts historisch gewachsenen Voraussetzungen zu den um 1750 greifbaren mittelbaren und unmittelbaren Verflechtungen geschlagen. Ältere Untersuchungen aufgreifend, die besonders die Lebenszeit August Hermann Franckes (1663–1727) behandeln, geht das Projekt somit dem Ausstrahlen der Verflechtungen von Halleschen Pietisten der ersten Generation und „orientalischen Christen“ in das zweite und dritte Drittel des 18. Jahrhunderts nach. Ein Schwerpunkt wird dabei auf der Herausarbeitung zentraler personaler und institutioneller Akteure und der Verflechtung der Beteiligten untereinander liegen. Zum Beispiel werden die biografische Einbettung der Studienaufenthalte von orthodoxen Schülern/Studenten in Halle und die Kooperationen und Konkurrenzen des Instituts mit anderen auch konfessionell diversen Missionsakteuren – etwa Dänisch-Englisch-Hallesche Mission, Society for Promoting Christian Knowledge sowie katholischen Missionsapparat – betrachtet.
E-Mail: daniel.haas@uni-hamburg.de(daniel-haas"AT"uni-hamburg.de)
Tel: (040) 42838 - 9738
Amalie Hänsch
Kollegiatin seit 1.05.2021
Autorenbildnisse Martin Luthers. Strategien interkonfessioneller Inszenierung zwischen Legitimation und De-Legitimation
Martin Luther (1486–1546) gilt als die am häufigsten porträtierte Person seiner Zeit. Seine druckgraphischen Bildnisse wurden, von der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä. ausgehend, im Einblattdruck und vor allem in Druckschriften massenmedial verbreitet.
Das Promotionsprojekt wird unterschiedliche Rezeptionsformen der druckgraphischen Bildnisse Luthers in Druckschriften als bislang kaum ausgewertete Quelle für die kunsthistorische Reformationsforschung erschließen und diese vor dem Hintergrund der inter- bzw. transkonfessionellen Selbst- und Fremdwahrnehmungen untersuchen. Die verschiedenen Formen der Rezeption der Bildnisse umfassen bildliche Nachbearbeitungen wie Überklebungen, Übermalungen, Schwärzungen, Teilzerstörungen oder Ergänzungen von Details etc., aber auch schriftliche Kommentierungen (inhaltlich kritische bis verunglimpfende sowie zustimmende Anmerkungen), die formal teils geschmiert, teils akkurat und in sowohl deutscher, lateinischer als auch griechischer Sprache formuliert sind. In der bisherigen Forschung wurden solche Rezeptionsformen nur an einem einzigen Bildbeispiel Luthers diskutiert. Eine umfassende Untersuchung der bisher unbeachtet gebliebenen Bildnisse Luthers bildet daher ein Forschungsdesiderat.
Während in der Vergangenheit vorwiegend Erscheinungsformen des öffentlichen Ikonoklasmus untersucht wurden, erweitern gegenwärtige Studien den Fokus auch auf einen Bildgebrauch, der nicht auf materielle Zerstörung angelegt war. Hieran ist anzuschließen, um die Kommentierungen und Nachbearbeitungen von Bildnissen Luthers in Druckschriften erstmals systematisch und interdisziplinär zu untersuchen. Es ist zunächst zu diskutieren, wie Bildnisse und Druckschriften aufeinander Bezug nehmen, um anschließend anhand der Traktierungen die veränderten Aussagen dieser Bild-Text-Kombinationen sichtbar zu machen.
E-Mail: amalie.haensch@uni-hamburg.de(annaamalie.haensch"AT"uni-hamburg.de)
Tel: (040) 42838 - 9752
Andrea Herold-Sievert
Kollegiatin seit 1.10.2018
Protestantische Begegnungen und religiöser Pluralismus: Hallesche Pastoren in der atlantischen Welt des 18. Jahrhunderts
In der Zeit von 1742 bis 1786 entsandten die 1698 von August Hermann Francke (1663-1727) gegründeten Glauchaschen Anstalten bei Halle insgesamt 14 Pastoren in die britische Kolonie Pennsylvania, um dort die seelsorgerische Betreuung der infolge einer starken transatlantischen Wanderungsbewegung stetig wachsenden deutsch-lutherischen Gemeinden sicher zu stellen. Anhand der Berichte der Halleschen Pastoren über ihre Begegnungen und die in ihrer Tätigkeit begründet liegende Konfrontation mit Angehörigen anderer Konfessionen soll nicht nur das Verhältnis zu diesen Personen und der Umgang mit dem Phänomen des religiösen Pluralismus untersucht, sondern auch analysiert werden, ob und in welcher Form sich interkonfessionelle Kontakte und Beziehungen zu anderen Denominationen im Verlauf des 18. Jahrhunderts entwickelten und veränderten. Darüber hinaus können die Schilderungen der einzelnen Geistlichen miteinander verglichen werden, um sowohl Gemeinsamkeiten als auch Diskrepanzen hinsichtlich des Umgangs mit konfessioneller Vielfalt und Koexistenz in der kolonialen Welt erarbeiten zu können.
Das Dissertationsvorhaben zielt also auf die Erforschung der Bedingungen und Dynamiken des Austausches zwischen verschiedenen protestantischen Konfessionen in der atlantischen Welt sowie dessen mediale und ideengeschichtliche Rückwirkungen auf die europäische Herkunftsregion ab. Dabei steht zu erwarten, dass sowohl inter- als auch transkonfessionelle Phänomene zu beobachten sein werden; so etwa im Sinne der Integration von Elementen anglikanischer oder presbyterianischer Glaubensvorstellungen in das theologische Repertoire der Hallenser. Durch die Verwurzelung der verschiedenen protestantischen Gruppen Nordamerikas in europäischen kirchlichen und kulturellen Traditionen existierten gemeinsame Grundüberzeugungen, die aufgrund der vielfältigen (religions-)politischen Spannungen auf dem europäischen Kontinent jedoch oftmals in den Hintergrund gedrängt wurden. Im geographischen Handlungsfeld des nordamerikanischen Kontinents mit all seinen Herausforderungen ist dagegen zu erwarten, dass sich die verschiedenen Denominationen auf ihre transkonfessionellen Gemeinsamkeiten zurückbesannen und diese gegebenenfalls als Grundlage gemeinsamen Handelns begriffen.
Martin Kindermann
Kollegiat seit 1.4.2021
Spiegel-Reflexion(en) im interkonfessionellen Spannungsfeld des 16. und 17. Jahrhunderts
Das kirchenhistorische Promotionsprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedeutung des Spiegels bzw. der Spiegelung als Vermittlungs- oder Zwischen-Instanz in Texten und Bildmedien der Frühen Neuzeit zu erschließen.
Häufig dienen Spiegel in der bildenden Kunst als Behelf, um etwas indirekt anzuzeigen oder anzudeuten, das nicht direkt gezeigt werden kann oder soll. Ein Grund hierfür ist sicherlich die Motivation, Rezipient*innen zur Mit- und Weiter-Reflexion des Gesehenen anzuregen. Zudem kann die Wahl jenes ästhetischen Mittels auf eine ›Verkehrtheit‹ hindeuten, welche dementsprechend (spiegel)verkehrt dargestellt wird. Auch gilt es in diesem Kontext auf die gebrochene Widerspiegelung dessen hinzuweisen, was (noch) nicht vollständig ins Auge gefasst werden kann, weil es die Erkenntniskräfte und -möglichkeiten des Menschen übersteigt. Jenes distanzierende Moment, das dem Spiegel eignet, offenbart oft prototypisch das Grundproblem aller theologischen Verlegenheit: die Verborgenheit Gottes.
Methodisch will der hier anberaumte Erschließungsversuch sein Ziel auf auslegungsgeschichtlichem Wege erreichen, um hierbei gerade auch die interkonfessionellen Spannungen und Gemeinsamkeiten zu analysieren, die sich aus den frühneuzeitlichen Quellen ergeben. Auf eine Klärung der auslegungsgeschichtlichen Rahmenbedingungen hin, welche unter besonderer Berücksichtigung von 1Kor 13,12 und 2Kor 3,18 abgesteckt werden, kommen über Bibelkommentare und Predigten hinaus auch frömmigkeitshistorisch bedeutungsvolle Werke der Erbauungsliteratur in Betracht, die einen entscheidenden, auslegungsgeschichtlichen Beitrag zur Schriftauslegung geleistet haben:
Im Bereich reformatorischer Wirkungsgeschichte führt eine – den Spiegel betreffende – Spur über Luthers Sermon von der Betrachtung des heyligen leydens Christi (1519) sowohl zu Johann Arndts Büchern von wahrem Christenthumb, die seit der Rigaer Ausgabe (1678-1681) thematisch einschlägige Kupferstich-Embleme vorweist, als auch zu Heinrich Müllers Evangelischem Hertzens-Spiegel (1679). Gleichermaßen gilt es reformierte und katholische Traditionslinien auszumachen und nachzuzeichnen. Hermann Hugos Emblem-Buch Pia Desideria (1624) etwa hält spekulativ-trinitarische Erwägungen Augustins (zu 1Kor 13,12) im 17. Jahrhundert lebendig.
Die hier genannten und weitere Werke sollen in vergleichender, interkonfessioneller und intermedialer Perspektive untersucht werden, um Übereinstimmungen, Unterschiede und gegenseitige Einflussnahmen zu ermitteln. Hierbei gilt es auch die wenig erforschte Wirkung des Augustiner-Chorherrn Filippo Picinelli (Art. speculum in: Mundus Symbolicus, lat. Ausgabe 1681/87) auf die lutherische bzw. reformierte geistliche Emblematik und Erbauungsliteratur eingehend zu prüfen.
E-Mail: martin.kindermann-1@uni-hamburg.de
tel: (040) 42838 - 9752
Avi Liberman
Kollegiat seit 1.4.2021
"Il magnanimo cor e invitto io canto di colomba fedel che corse a morte". Heiligenviten in der italienischen Epik des 16. und 17. Jahrhunderts
Das geistliche Epos hatte im späten Cinquecento seine Blütezeit in Italien. Eine besonders erfolgreiche Form dieser Gattung ist das hagiographische Epos, welches Dichterinnen und Dichter unterschiedlicher Prägung verfasst haben: eine Sängerin, Notare oder Geistliche verschiedener Orden. Die Epen divergieren nicht nur formal, etwa durch die metrische Gestalt oder Länge, sondern auch hinsichtlich der poetologischen Positionen und Modelle.
Das Forschungsprojekt will das hagiographische Epos in seinen vielfältigen kulturellen und poetologischen Kontexten untersuchen. Dabei spielen die interkonfessionellen Spannungen eine wesentliche Rolle, denn in denselben Jahren, in denen das hagiographische Epos seinen Höhepunkt erlebt, reagiert die römisch-katholische Kirche mit ihrer Reform der Heiligenkanonisierung und -verehrung auf die protestantische Kritik. Daher ist bereits in der Sujetwahl sowohl eine implizierte Konfessions-Polemik als auch eine binnenkonfessionelle Neujustierung des römisch-katholischen Konzepts von Heiligkeit abzulesen, die umso deutlicher wird, je mehr Dichter und Dichterinnen Heilige behandeln, die mit den römisch-katholischen Reformbestrebungen identifizierbar sind, so etwa Ignatius von Loyola oder Karl Borromäus.
Die Werke definieren einen neuen Heldentypus des weiblichen wie männlichen Ordensgründers oder Märtyrers, der anders als im traditionellen Epos kein Krieger ist bzw. dessen militärische Aktivitäten nicht im Zentrum stehen. Die leitende Arbeitshypothese des Projektes geht von einer Modifizierung im Begriff des Heroischen und dessen Verlagerung in den geistlichen Bereich aus. Zudem ist diese Heiligkeit tadellos, es mangelt ihr zwangsläufig an der aristotelisch erforderlichen hamartia. Die Heiligenepik des späten 16. Jahrhunderts delegitimiert so die weltliche Poetik, die eben diese hamartia vom epischen Helden fordert. Ziel der Untersuchung ist, das interkonfessionelle wie literaturtheoretische Innovationspotential dieser literarischen Form zu profilieren.
E-Mail: avi.liberman@uni-hamburg.de
(040) 42838 - 9899
Judith Lipperheide
Kollegiatin seit 1.4.2019
Institutionalisierte Exerzitienpraxis als Breitenseelsorge zwischen 1660 und 1760: Die Maisons de retraite der Jesuiten in Frankreich
„Se retirer du monde“, sich aus der Welt zurückzuziehen, war ein zentrales Bedürfnis in der frühneuzeitlichen Frömmigkeit. Auf diesem Motiv aufbauend entwickelte sich ausgehend von der Initiative des Jesuitenordens seit 1660 zuerst in der Bretagne eine Form von Rückzug als und in eine Gruppe, die retraite commune, in speziell dafür etablierten Maisons de retraite.
Im darauffolgenden Jahrhundert entstanden in ganz Frankreich Maisons de retraite. Für ihre Zwecke wurden die Exerzitien des Ordensgründers Ignatius von Loyola modifiziert und in Gruppen praktiziert: Die übliche vierzigtägige Dauer wurde beispielsweise auf acht Tage verkürzt. Ein Priester vermittelte mithilfe von Medien, wie den images morales, die Inhalte der Übungen. Mit dieser ausbalancierten Version des Rückzugs, die eine vertiefte spirituelle Gewissenserforschung für Laien und Geistliche mit dem Alltag der Gläubigen kompatibel machte, antworteten Jesuiten auf die im 17. Jahrhundert aufkommende Sehnsucht nach Einsamkeit.
Anknüpfend an das Forschungsanliegen des Graduiertenkollegs stellt sich die Frage, inwieweit die Maisons de retraite als eine Neuverortung des Gläubigen im Gegenüber zur Welt die reformatorischen Bewegungen des 16. Jahrhunderts aufgriffen und weiterentwickelten.
Für das Promotionsprojekt soll das gesamtfranzösische Phänomen anhand ausgewählter Städte wie z. B. Amiens, Aurillac, Nantes, Paris und Rouen untersucht werden. Dabei ist erstens mit Blick auf die soziopolitisch religiöse Lage Frankreichs unter Ludwig XIV. der Frage nachzugehen, welche Rolle die Maisons de retraite in missionarischen Kontexten einnahmen. Es ist zweitens zu erforschen, ob und inwieweit sich die Praxis in den unterschiedlichen Häusern ähnlich gestaltete. Die Analyse des Spannungsfelds zwischen Ordenszentrale, Papst, Jesuiten in Frankreich und Ludwig XIV. soll drittens Aufschluss bezüglich der Funktion und Gestaltung der Retraite geben.
Unterschiedliche Medien und Quellengattungen, durch die die Praxis exportiert und kommuniziert wurde (Briefbücher, Briefe, Anleitungsschriften, Regelwerke, materielle Artefakte etc.), bilden dabei die Grundlage der Untersuchung.
Leonid Malec
Kollegiat seit 1.4.2020
Überkonfessionelle und konfessionsspezifische Aneignungen von Uhr und Uhrzeit in der Frömmigkeit des 16. bis 18. Jahrhunderts
Uhr und Uhrzeit nehmen bis weit in das 18. Jahrhundert hinein eine herausragende Stellung in der frühneuzeitlichen Frömmigkeit ein. Um die vielfältigen religiösen und sakralen Potentiale dieses mechanischen Zeitmessers zu untersuchen, richtet das Promotionsprojekt sein Augenmerk auf ein breites Spektrum von Medien und Objekten, die zum Ziel hatten, Uhr und Uhrzeit für die private Andacht und Frömmigkeit nutzbar zu machen: So regten zahlreiche Uhren als Bild- und Inschriftenträger oder Wiedergabegeräte von einfachen Melodien in den BetrachterInnen Imaginationen an, die für Praktiken der Andacht produktiv sein konnten. Uhren wurden aber auch als Motive prominent in Gemälden und Grafiken mit heilsgeschichtlichen Sujets und Visionsdarstellungen platziert, die Uhr und ihr Klang somit im Kontext der menschlichen Gotteserfahrung verortet. Schließlich erhob die Gattung der Uhrandacht die Uhr und ihre Stunden explizit zum Taktgeber und Förderer einer möglichst produktiven, immerwährenden Andacht (z.B. der Passion Christi).
Solche und vergleichbare Medien und Objekte finden sich bereits im 14. Jahrhundert – die mit Uhr und Uhrzeit einhergehenden Praktiken sind somit vorkonfessionell. Ihre weiteste Verbreitung erlebten sie allerdings erst im 17. Jahrhundert im Rahmen der Etablierung eines mechanistischen Weltbildes und einer verstärkten Rückbesinnung auf hoch- und spätmittelalterliche Frömmigkeitspraktiken. Anhand der in dieser Blütezeit geschaffenen Medien und Objekte lassen sich rege Aushandlungsprozesse zwischen AutorInnen und KünstlerInnen verschiedener Konfessionen nachzeichnen, was Ziel der Arbeit ist. Im Vordergrund der Untersuchung stehen dabei Medien und Objekte, die, so die Hauptthese, manchmal konfessionsspezifisch, in der Regel aber überkonfessionell konditionierten, was Menschen wahrnahmen und woran sie dachten, wenn die Uhr ihre Stunden schlug. Anhand zahlreicher Beispiele kann dabei belegt werden, dass Zeit im 17. Jahrhundert nicht wie im Fall des Kalenders nur ein Streitthema zwischen den Konfessionen war, sondern dass im Bereich der alltäglichen Frömmigkeit auch gemeinsame überkonfessionelle Interessen an ihr und ihrer produktiven Nutzung in der Andacht Abgrenzungsdiskurse und Polemik überwinden konnten.
E-Mail: leonid.malec"AT"uni-hamburg.de
Tel: (040) 42838 – 9752
Oliver Plate
Kollegiat seit 1.10.2021
Der Giro della Germania: Reisen italienischer Adliger durch das Alte Reich
In der langen Geschichte des Reisens ist die Kavalierstour oder Grand Tour ein bekanntes Phänomen. Die mehrmonatige bis -jährige Ausbildungsreise führte junge europäische Adlige in der Regel durch mehrere benachbarte Staaten und an zahlreiche europäische Höfe sowie Bildungseinrichtungen, wo sie ihren gesellschaftlichen, künstlerischen, literarischen und musikalischen Horizont erweiterten. Im Hinblick auf klassische Zielländer wie Frankreich und insbesondere Italien sind solche Reisen bereits gut erforscht; in umgekehrter Richtung, das heißt aus Italien kommend, wurde der Kavalierstour hingegen bisher kaum Beachtung geschenkt. Auch junge italienische Adlige waren jedoch Teil des europaweiten Phänomens und überquerten zu diesem Zweck in großer Zahl die Alpen. Ihre Touren führten sie anschließend zwangsläufig oder planmäßig auch durch das Alte Reich, wovon zahlreiche Reiseberichte Zeugnis ablegen. Der Großteil dieser frühneuzeitlichen Dokumente datiert aus der Zeit zwischen dem Westfälischen Frieden 1648 und der Französischen Revolution 1789 und hat sich in Form von Tagebüchern oder fiktiven Briefen in italienischen Archiven und Bibliotheken erhalten; einige wenige dieser Berichte liegen (auch) gedruckt oder ediert vor. Ergänzt um biographisches Quellenmaterial möchte die Dissertation diese Reiseberichte nutzen, um klassische Routen – einen Giro della Germania – frühneuzeitlicher italienischer Adliger durch das Alte Reich nachzuzeichnen und in diesem Rahmen deren Eindrücke zu analysieren.
Besondere Berücksichtigung in der Berichterstattung der in aller Regel katholischen Reisenden und damit auch in der Dissertation erfahren konfessionelle Beobachtungen aus dem in dieser Hinsicht vielfältigen Reich. Die zu untersuchenden Reiserouten führten mitnichten nur durch katholische Territorien, sondern immer auch oder sogar zielgerichtet durch protestantisches Gebiet. Dabei wurden präkonfessionelle Gemeinsamkeiten gewürdigt oder angefochten, positive oder negative transkonfessionelle Vergleiche aufgestellt und interkonfessionelle Kontakte geknüpft oder gemieden. Im Kontext dieses zentralen Anliegens ergibt sich eine Reihe von erkenntnisleitenden Fragen wie beispielsweise nach der Wahrnehmung des Zusammenhangs von Konfession und Wirtschaft sowie der Auswirkung bestimmter Faktoren auf die Berichterstattung – u.a. der Bildungsgrad der Reisenden, ihre geographische Herkunft (Nord- oder Süditalien) oder ihre heimatliche politische Organisation (Fürstentum oder Republik) –, zu deren Beantwortung die Dissertation einen Beitrag leisten möchte.
E-Mail: oliver.plate@uni-hamburg.de
Tel: (040) 42838 - 9852
Anna Sebastian
Kollegiatin seit 1.10.2018
"Christiana Philosophia" – Konzeptionen von Irenik und Interkonfessionalität in der von Andreas Gryphius übersetzten Erbauungsliteratur
Angelehnt an die Maxime des Friedensstrebens entwickelten sich zu Lebzeiten des Barockdichters Andreas Gryphius (1616–1664) aufgrund der Konflikte um den Inhalt und die Institutionen des rechten Glaubens Diskussionen über den irenischen Umgang mit der religiösen Pluralisierung. Das Werk des Dichters spiegelt dabei das für seine Zeit repräsentative Spannungsfeld zwischen christlich-transzendenter Perspektive und der konkreten Lebensrealität einer konfessionell gespaltenen Gesellschaft wider. Gerade weil Gryphius’ Werk so stark von diesen Umständen geprägt ist, scheint es in der Forschung immer wieder von essentieller Bedeutung zu sein, die Position des Autors innerhalb des Widerstreits der Konfessionen zu bestimmen und seine literarischen Werke im konfessionspolitischen und frömmigkeitsgeschichtlichen Kontext zu lesen. Einen bisher unbeachteten Teil seines Œuvre stellen dabei die Übersetzungen und Bearbeitungen zeitgenössischer Erbauungsliteratur dar, allen voran die Werke des Anglikaners Sir Richard Baker, welche einen genuin neuen Blick auf eben jene Fragestellung ermöglichen.
Ziel des Dissertationsprojektes ist die Neuperspektivierung der zentralen Fragen nach Konfessionszugehörigkeit, Interkonfessionalität und Irenik in Gryphius’ literarischem Werk unter besonderer Berücksichtigung der von ihm übersetzten Erbauungsliteratur, welcher trotz nicht geringen Umfangs bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde, und nach deren Einfluss auf die literarischen Spätwerke des Barockliteraten.
E-Mail: anna.sebastian"AT"uni-hamburg.de
Elena Tolstichin
Kollegiatin seit 1.07.2022
Religiöse Bild- und Kunsttheorie in den Druckgraphiken von Hendrick Goltzius
Eine Vielzahl von Bildern des niederländischen Künstlers Hendrick Goltzius bezeugt Reflexionen zum Status und zur Produktion profaner und paganer Kunst. Ganz offensichtlich ist dies etwa in dem zweiten Blatt der sogenannten Fortuna-Folge Ars und Usus (1582), das den Zusammenhang von Kunst und Übung beleuchtet, oder in der Inszenierung des römischen Gottes Merkur als Schirmherr der Künste in der Serie Die Große Planetenfolge (1596). Demgegenüber finden sich nur wenige Hinweise darauf, dass Goltzius’ Werke auch den Status oder die Produktion (christlich-)religiöser Kunst thematisieren, was nicht zuletzt deshalb überrascht, weil mindestens zwei Jahrzehnte, in denen Goltzius auch religiöse Bilder schuf, mit einer Phase niederländischer Geschichte zusammenfallen, in der ›die Bilderfrage‹ in der Lebenswirklichkeit des Künstlers neue Virulenz erhielt – in Haarlem, Goltzius’ Wohn- und Arbeitsort, erkennbar daran, dass es 1578 zur Entfernung figurativer Statuen und Gemälde aus der ehemaligen St. Bavo-Kirche kam und ab 1580 zur Installation von Schriftgemälden. Anlass dieser künstlerischen Umgestaltung war die Etablierung des Reformiertentums, also gerade jener Konfession, zu der sich die schärfsten Bildkritiker bekannten und welche die strengsten Ansprüche an den Schmuck im Kirchenraum erhob. Das Projekt untersucht in transkonfessionell angelegten Analysen, inwieweit diese Entwicklung in Druckgraphiken von Goltzius bild- und kunsttheoretisch reflektiert wird.
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