Interview mit Prof. Dr. Elsa Clavé"Das Tenure-Track-Programm bietet ausreichend Zeit, sich auf alle Aspekte der Professur zu konzentrieren"
1. Juli 2025, von Zsuzsa Becker

Foto: UHH/Esfandiari
Nachdem Prof. Dr. Elsa Clavé nach sechs Jahren als Juniorprofessorin das sogenannte Tenure Track-Evaluationsverfahren erfolgreich abgeschlossen hat, ist sie seit Juli 2025 W2-Professorin für Sprachen und Kulturen Südostasiens (Austronesistik) am Asien-Afrika-Institut. Wie sie von dem Tenure-Track-Programm profitiert hat und wie es nun weitergeht, erzählt sie im Interview.
Herzlichen Glückwunsch zum erfolgreichen Abschluss Ihres Tenure-Track-Verfahrens und dem Erhalt einer Lebenszeitprofessur. Sie sind 2019 vom Asia Center der University of Harvard zu uns gekommen. Was hatten Sie für Ziele und Erwartungen bei Ihrem Start in Hamburg?
Ich bin wegen des Exzellenzclusters "Understanding Written Artefact" hierhergekommen. Meine Erwartung war, einen Ort zu finden, an dem ich neue Inspiration für mein Forschungsthema – die malaiische soziokulturelle Geschichte –, sowie für meine Quellen gewinnen kann, die in malaiischer Sprache in einer angepassten arabischen Schrift verfasst sind. Die Erforschung der malaiischen Geschichte in Zusammenarbeit mit malaiischen Philolog:innen und Historiker:innen aus Südostasien ist schön, aber die Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen, die zum vormodernen Europa, zu China und zu islamischen Handschriften in Afrika forschen, empfinde ich als noch bereichernder. Diese intellektuellen Anregungen, die immer wieder neue Ideen hervorbringen, sind für mich durch nichts zu ersetzen.
Welche Vorteile bietet das Tenure-Track-Programm für Early Career Researchers und wie haben Sie von dem Programm profitiert?
Durch das Tenure-Track-Programm hatte ich die Gelegenheit, Ideen für meine Forschung und Lehre zu entwickeln und mich als Professorin in meinem Fachgebiet zu profilieren. Mit mehreren aufeinanderfolgenden Postdoc-Stationen hätte ich das so nicht geschafft. Das Tenure-Track-Programm bietet ausreichend Zeit, um sich auf alle Aspekte der Professur, einschließlich Lehre, Forschung und Knowledge Exchange, zu konzentrieren. Gleichzeitig bietet es eine institutionelle Stabilität und einen Status, der die Entwicklung langfristiger internationaler Kooperationen und Projekte ermöglicht. Dadurch konnte ich Projekte mit den Philippinen und Malaysia auf den Weg bringen.
Gab es Mentor:innen, Kolleg:innen oder sonstige Unterstützung, die Ihnen während Ihrer Juniorprofessur besonders geholfen haben?
Ich bin in meiner Abteilung sehr gut integriert. Meine Kolleg:innen haben mir immer sehr geholfen, wenn ich Fragen hatte. Auch die Zwischenevaluation war für mich sehr hilfreich, da sie mir die Möglichkeit gegeben hat, meine Arbeit an den Erwartungen des deutschen Wissenschaftssystems neu auszurichten, das anders ist als die Systeme, die ich bisher kenne. Ohne das Tenure-Track-Programm wären mir viele Bereiche meines Berufs wahrscheinlich unbekannt geblieben. Die Anleitung und Unterstützung, die ich erhalten habe, war ausschlaggebend. Ohne Unterstützung hätte ich viel gearbeitet, ohne die Erwartungen zu erfüllen.
Welche Pläne haben Sie für die kommenden Jahre – in Forschung, Lehre, Transfer und ganz persönlich?
Die Südostasienstudien sind ein kleines Fach, aber in der kosmopolitischen und vernetzten Welt, in der wir leben, sind sie unverzichtbar. Wir stehen ständig im Kontakt mit anderen Kulturen und begegnen häufig vorgefassten Schemata – wer hat Recht, wer hat Unrecht, wie sollten die Dinge getan werden.
Ich glaube, dass die Fähigkeit, unsere Denkweise zu "entrahmen", um andere Kulturen – einschließlich anderer Menschen – zu verstehen, eine große Stärke ist. Ich möchte diejenigen überzeugen, die diese Fähigkeit noch nicht besitzen. Das ist umso wichtiger, da wir in einer Zeit wachsender Intoleranz und gefährlicher Ideologien leben. Ich glaube an eine Universität, die in gesellschaftlichen Debatten eine Rolle spielt, und hoffe, in den kommenden Jahren durch Lehre, Forschung und Knowledge Exchange – ich bevorzuge diesen Begriff gegenüber dem Transfer – in diese Richtung arbeiten zu können.
In naher Zukunft bereite ich zwei Monographien vor: eine über die Veränderungen in der Raumwahrnehmung, die mit der Entstehung einer Plantagenwirtschaft im Malaysia des 19. Jahrhunderts verbunden sind, und eine weitere über die Erinnerung an die antikommunistischen Massaker von 1965–66 in Indonesien, die leider (trotz der globalen Dimension des Ereignisses) immer noch wenig bekannt sind. Dafür arbeite ich auch mit Künstler:innen in Indonesien zusammen. Es macht mir große Freude, neue Wege zu finden, um den Forschungsprozess zu kommunizieren. Ich plane, diese Herangehensweise auch in Zukunft weiterzuführen.
Und ganz persönlich: Ich plane, einen Roman zu schreiben. Das ist eine andere Form des Schreibens, die anderen Dingen entspricht, die ich zu sagen habe.
Zur Person
Prof. Dr. Elsa Clavé hat 2013 an der École des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris promoviert. Ab 2015 war sie Juniorprofessorin an der Goethe Universität Frankfurt. Nach einem Postdoktorat am Asia Center der Harvard University war sie seit Juli 2019 Juniorprofessorin für Sprachen und Kulturen Südostasiens (Austronesistik) am Asien-Afrika-Institut.
Am Exzellenzcluster "Understanding Written Artefacts" leitete sie von 2021 bis 2024 das Teilprojekt "Originals and authoritative documents in the legal culture of the Malay Peninsula (c. 1780 – c. 1910)" und seit 2022 gemeinsam mit Prof. Dr. Jan van der Putten das Projekt "Digital Repository of Endangered and Affected Manuscripts in Southeast Asia (DREAMSEA)". Zudem verantwortet sie den Bereich Knowledge Exchange am Centre for the Study of Manuscript Cultures (CSMC).