Zweite Förderperiode der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe "Imaginarien der Kraft" bewilligt
16. Dezember 2022, von Zsuzsa Becker

Foto: Public domain; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Birth_of_Venus_Botticelli.jpg
Gravitationskraft, Lebenskraft, Arbeitskraft, Kaufkraft, Schaffenskraft – Vorstellungen von Kraft finden sich nicht nur in der Naturforschung, sondern in einer Vielzahl kultureller Bereiche. Vor allem aber bildet die Kraft eine bislang kaum beachtete Grundkategorie der ästhetischen Reflexion, die ab Sommer 2023 in einer zweiten Förderphase der Kolleg-Forschungsgruppe erforscht wird.
Die an der Fakultät für Geisteswissenschaften angesiedelte Kolleg-Forschungsgruppe "Imaginarien der Kraft" bündelt seit fast vier Jahren vielfältige disziplinäre Zugänge zu Konzepten der Kraft und kraftaffiner Begriffe, um ihre Ausbildung und ihren Wandel in den Künsten zu erforschen.
Gemeinsam mit international ausgewiesenen Fellows aus verschiedenen Disziplinen untersucht das Team der Kolleg-Forschungsgruppe seit Start des Projekts 2019 "Kraft" systematisch als einen zentralen Grundbegriff der Kunst- und Kulturtheorie. Ausgangspunkt bildete die Beobachtung, dass das Wort 'Kraft' (griech. dynamis, lat. potentia) zwar die Fähigkeit bezeichnet, Wirkungen auszuüben, dass sich Kräfte selbst aber nicht wahrnehmen, sondern nur indirekt an ihren Wirkungen ablesen lassen. Die Künste und die Reflexionen über sie bilden einen privilegierten Ort der Auseinandersetzung mit den sinnlichen Präsenzeffekten unsinnlicher Kräfte.
Die Ergebnisse der bisherigen Forschung haben die zentrale Bedeutung der Thematik für die Entwicklung neuer Perspektiven in einer inter- und transdisziplinär angelegten historischen Forschung zu den Künsten bestätigt: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun die Fortsetzung des erfolgreichen Projekts für eine zweite Förderperiode bewilligt. Die Kolleg-Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Cornelia Zumbusch (Institut für Germanistik) und Prof. Dr. Frank Fehrenbach (Kunstgeschichtliches Seminar) wird für die Dauer von vier Jahren mit einem Gesamtvolumen von insgesamt 5,4 Mio Euro gefördert.
Die zweite Förderperiode soll im Sommer 2023 beginnen. Aufbauend auf dem fruchtbaren Dialog zwischen Kunst-, Literatur- und Naturwissenschaften der letzten Jahre wird das Spektrum einbezogener Disziplinen neben Kunst- und Literaturwissenschaften auf Religionswissenschaft, Ethnologie bzw. Anthropologie erweitert. Inhaltlich werden auf diese Weise drei weitere Themenfelder erschlossen. Zum einen wird genauer zu untersuchen sein, welche Rolle in den ästhetischen Reflexionen neben den Kräften der Natur auch die nichtquantifizierbaren Kräften des Numinosen gespielt haben und immer noch spielen. Zum zweiten wird nach dem Verhältnis der bislang betrachteten westlich-europäischen Kraftästhetiken zu außereuropäischen Modellen der Kraft zu fragen sein. Zum dritten sollen auch gegenwärtige gestalterische, künstlerische und literarische Auseinandersetzungen mit Praktiken der Energieerzeugung befragt werden.