Orte der (Un-)Sichtbarkeit
Foto: UHH/Logge
Die Geschichte der DDR und das SED-Unrecht sind jenseits ehemaliger Grenzorte und Gedenkstätten in vielen Städten weitgehend unsichtbar – so auch in Hamburg. Hamburg hat keine expliziten Erinnerungsorte, die an die SED-Diktatur und die Geschichte der DDR erinnern, aber es gibt zahlreiche Menschen, die sich erinnern. Diesen Erinnerungen wollen wir mit dem Projekt "Orte der (Un-)Sichtbarkeit" nachspüren und Erinnerungsorte in der Stadtlandschaft identifizieren.
Häfen, Bahnhöfe und Ämter können Sinnbilder für Ängste, Sorgen, Hoffnungen und (Un-)Sicherheiten beim Ankommen in einer neuen Umgebung sein. Nach Tagen, Wochen, Monaten der Flucht empfängt ein Bahnhof mit fremden, lauten Eindrücken. Er steht für Aufbruch, aber auch für Abschied. Abschied von Familie, Strukturen, Lebensverhältnissen. Ein Ort erzählt mehr, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Unrechts-, Diktatur- und Fluchterfahrungen sowie das (Nicht-)Ankommen in einer neuen Gesellschaft können für Geschichte und ihre Gegenwartsbedeutung sensibilisieren. Transformationserfahrungen werden sichtbar und Unrechtserfahrungen als Teil gesamtgesellschaftlicher Geschichte anerkannt.
Die "Orte der (Un-)Sichtbarkeit" werden so zu Orten verflochtener Biografien zwischen gestern und heute. Hamburg als "Tor zur Welt" war und ist eine Stadt, die von Migration geprägt ist. Seit 2015 erlangen Debatten über Flucht und Geflüchtete wieder mehr gesellschaftliche Relevanz und mediale Präsenz, aber oftmals ohne individuelle Fluchtursachen und Unrechtserfahrungen in den Blick zu nehmen. Durch die Geschichten von DDR-Zeitzeug:innen und deren Aufarbeitung möchte das Projekt zu einer Auseinandersetzung mit verschiedenen Perspektiven auf das Thema Flucht und Ankommen einladen.
Das Projekt richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene, denen über Jugendzentren und Stadtteilkulturzentren ein begleitendes Workshopangebot gemacht wird, in dem sie Orte der (Un-)Sichtbarkeit in ihrer Umgebung mit einem Audiowalk kennenlernen und die Dimensionen von Unrecht, Flucht und Ausgrenzung mit eigenen biografischen Erfahrungen verbinden können. Studierende der Public History konzipieren und entwickeln in einem projektbegleitenden Seminar mittels Oral History und Biografiearbeit mit Zeitzeug:innen einen Audiowalk, der sich nicht zuletzt an alle Hamburger:innen und Interessierte richtet, die neugierig sind, Hamburger Orte neu zu entdecken.
Projektleitung: Prof. Dr. Thorsten Logge, Public History
Projektteam: Theresa Hertrich (Projektkoordination), Jan Krawczyk (Wissenschaftlicher Mitarbeiter), Rachel Small (SHK), David Lange (Tutor im Rahmen des Texttutor:innenprogramms der Schreibwerkstatt)
Laufzeit: 2021–2023
Weitere Informationen: https://orte-der-unsichtbarkeit.de, https://www.uni-hamburg.de/newsroom/campus/2023/1004-orte-der-unsichtbarkeit.html
Das Projekt ist eine Kooperation des Arbeitsfeldes Public History der Universität Hamburg und der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. Es wird im Bundesprogramm »Jugend erinnert«, in der Förderlinie SED-Unrecht der Bundesstiftung Aufarbeitung gefördert.