Visual Scepticism. Towards an Aesthetic of DoubtERC Advanced Grant für Prof. Dr. Margit Kern
27. April 2021, von Zsuzsa Becker
Foto: privat
Prof. Dr. Margit Kern vom Kunstgeschichtlichen Seminar erhält vom Europäischen Forschungsrat (ERC) einen Advanced Grant. In ihrem Projekt „Visual Scepticism. Towards an Aesthetic of Doubt“ wird sie über einen Zeitraum von fünf Jahren anhand von Denkmälern des Kolonialismus erforschen, inwiefern durch künstlerische Interventionen ästhetische Antworten auf menschenverachtende Ideologien gefunden werden können.
Im Frühsommer 2020 wurden nach dem Tod von George Floyd weltweit zahlreiche Denkmäler gestürzt. Die ikonoklastischen Akte werfen die drängende Frage auf, wie der Umgang mit diesem historischen Erbe idealerweise aussehen soll. Der Denkmalschützer Norbert Huse hat in diesem Zusammenhang in einer gleichnamigen Publikation von „unbequemen Denkmalen“ gesprochen, Sharon Macdonald von "difficult heritage". Da vor allem Monumente des Faschismus und des Kolonialismus die menschenverachtenden Ideologie der Regime auch ästhetisch zum Ausdruck bringen, kann die häufig gewählte Lösung, eine Informationstafel neben dem Denkmal aufzustellen nicht überzeugen, da auf diese Weise die Wirkmacht dieser Rhetorik im öffentlichen Raum unwidersprochen bleibt. Mit dem Konzept der „visuellen Skepsis“ schlägt das Projekt einen anderen Umgang mit diesen Denkmalen vor. Die Monumente sollen ästhetisch neu gerahmt werden, ohne dass sie als historische Erinnerung vollständig ausgelöscht werden.
Das Projekt verfolgt daher drei Ziele:
Zum ersten soll mit dem Begriff der „visuellen Skepsis“ grundsätzlich untersucht werden, ob und wie visuelle Medien in der Lage sind, sich selbst in Zweifel zu ziehen. Wie gelingt es ihnen mit Hilfe von inneren Widersprüchen Erkenntnis zu generieren. Die These lautet, dass diese Formen der Wissensproduktion auf einer rein visuellen Ebene stattfinden. Es soll analysiert werden, wie Bilder innere Spannungen erzeugen und mit dialogischen Strukturen operieren können, die Erkenntnis freisetzen.
Zum zweiten soll anhand von Denkmälern des Kolonialismus aufgezeigt werden, wie diese Erinnerung nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch wirksam wird. Dieser ästhetische Appell an die Raumerfahrung beziehungsweise die Körpersinne der Betrachtenden soll genau analysiert werden.
Zum dritten sollen Denkmäler analysiert werden, die erfolgreich neu gerahmt wurden, um aufzeigen zu können, wie durch künstlerische Interventionen ästhetische Antworten auf menschenverachtende Ideologien gefunden wurden.
So sollen mit den Projektpublikationen eine Systematik der visuellen Skepsis erstellt und Beispiele umgestalteter Denkmäler in einer Datenbank bereitgestellt werden, welche langfristig die Grundlage für ein "Center for Difficult Heritage" bilden.
Kontakt:
Prof. Dr. Margit Kern
Kunstgeschichtliches Seminar
E-Mail: margit.kern"AT"uni-hamburg.de